Ich bin Dynamit
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Lange nicht mehr so schnell ein Buch gelesen, es liest sich wie ein Roman. Anders als Lou Salomes oder Rüdiger Safranskis Nietzsche-Biographie, die ihren Schwerpunkt auf dem Inhalt von Nietzsches Schriften legen, zeichnet dieses Buch ein lebendiges Bild von Nietzsches Lebenswandel. Und das ist gut. Denn gerade in der inhaltlichen Aufarbeitung und Deutung der Werke liegt die Schwäche dieser Biographie. Zwar missdeutet die Autorin selten etwas, aber trifft doch selten den wirklichen Kern eines Werks. Auch findet (zum Glück wohl) kaum eine Gesamtdeutung von Nietzsches Denken statt, mal von der Betonung Nietzsches als Philosophen des „Vielleicht“ abgesehen und einigen etwas pathetischen Schlussbemerkungen zum Ende des Buches.
Über die persönlichen und alltäglichen Hintergründe, die dem Entstehen der unterschiedlichen Schriften zugrunde liegen, konnte ich viel Neues lernen. Insbesondere das Verhältnis zu Wagner und Lou Salome wird sehr eindringlich beschrieben.
Kritisch äußert sich die Autorin so gut wie nie gegenüber Nietzsche, viele besonders kontroverse Aussagen werden gar nicht erwähnt. Im Ganzen verfolgt die Autorin aber eine gute Intention, indem sie an der weiterhin benötigten Lösung von Nietzsches Denken aus dem Nazi-Sumpf arbeitet, in den Nietzsches Schwester ihren Bruder in jahrelanger Arbeit gebracht hat.
(Nur ein kleiner Fehler ist mir aufgefallen (ca. Seite 466), wenn sie die Figur des Verrückten mit der Laterne im Zarathustra verortet, obwohl es sich dabei um den Tollen Menschen (Nr. 125) aus der Fröhlichen Wissenschaft handelt)
Dieses Werk ist philosophisch dünn, aber in der Beschreibung des Lebenswandels Nietzsches so reich und farbenfroh wie vermutlich keine andere Biographie.